Die Museumseisenbahn durfte und darf wegen der Pandemie nicht fahren
Wie die Eisenbahnfreunde von "Jan Harpstedt durch die Krise kommen"
Der folgende Text ist der Ausgabe 27..1.2021 des Delmemhorster Kreisblattes entnommen, da zur Zeit eigene Bilder und Recherche nicht möglich ist. Wir danken für die Abdruckerlaubnis.
Ilias Subjanto HARPSTEDT/DELMENHORST Räder stehen still bei Delmenhorst-Harpstedter Eisenbahnfreunden (DHEF).
Der gemeinnützige Verein veranstaltet seit über 40 Jahren regelmäßig Fahrten der historischen Kleinbahn "Jan Harpstedt" von Harpstedt nach Delmenhorst und zurück. Doch seit März 2020 gibt es Corona-bedingt keine planmäßigen Fahrten mehr. 2019 hatte der Verein noch 12.300 Fahrgäste zu verzeichnen, und 718 Fahrräder wurden im Museumszug transportiert. "Viele unserer Fahrgäste haben die Zugfahrt mit einer Radtour verbunden", berichtet Joachim Kothe, Pressesprecher der Eisenbahnfreunde. Doch das ist Vergangenheit, die Zahlen sind 2020 auf magere 1253 Fahrgäste eingebrochen.
Lediglich einige Sonderfahrten im Frühjahr und im Sommer, als die Corona Maßnahmen gelockert wurden, haben stattgefunden. "lm Sommer waren wir an drei Tagen zwischen Harpstedt und Heiligenrode unterwegs. Auf diesen neun Fahrten hatten wir insgesamt nur 90 Fahrgäste - sonst sind es fast doppelt so viele", sagt der Pressesprecher mit Bedauern. Zumindest hat die Pandemie nach Kothes Angaben keine wirtschaftlichen Auswirkungen auf den Verein. Die DHEF hätten Corona-Hilfen erhalten, außerdem spare man sich während der Auszeit die variablen Kosten, etwa für Kohle, Streckengebühren oder Diesel. "Im Großen und Ganzen stehen wir finanziell da wie ohne Pandernle", so der 71-Jährige.
180 Mitglieder zählt der Verein, auch bei dieser Zahl habe es während Corona keine Veränderungen gegeben, von diesen seien 30 Personen im Vereinsleben aktiv. "Wlr haben viele jüngere Leute im Verein und sind kein Rentnerclub", sagt Kothe und lacht. Die Mitgliederschaft stammen in erster Linie aus Bremen und dem gesamten Landkreis Oldenburg, beschreibt er das Einzugsgebiet. Während der Pandemie dürfen vier Leute gleichzeitig in der Vereinswerksratt anwesend sein. Meistens werde dort Samstags gewerkelt.
Sechs Triebfahrzeuge befinden sich in Vereinsbesitz, vier davon sind betriebsfähig, an zweien wird laut Kothe derzeit fleißig geschraubt. Sehr schade findet der Pressesprecher, dass das übrige Vereinsleben ausgesetzt ist. Präsenzveranstaltungen gibt es in der Pandemie nicht, immerhin soll die nächste Mitgliederversammlung online stattfinden.
Ein „Highlight" der DHEF stellt die vereinsinterne Ausbildung zum Lokomotivführer dar - möchte man meinen. Anfragen dafür gebe es allerdings kaum, sagt Kothe und ergänzt: "Es liegt schon einige Jahre zurück, dass wir einen Lokführer ausgebildet haben." Dies liege möglicherweise daran, dass die jungen Vereinsmitglieder eher in mechanischen Berufen tätig seien und mehr Interesse am Schrauben als am Fahrdienst hätten, vermutet der Pressesprecher. Zudem sei der Weg zum Lokführer durchaus aufwändig: Man werde zunächst zum Rangierer, anschließend zum Heizer und erst zum Schluss zum Lokomotivführer ausgebildet, jeder dieser Schritte dauere ein Jahr und werde mit einer Prüfung abgeschlossen.
Kothe zufolge haben die Eisenbahnfreunde in ihren Reihen im Moment neun Triebfahrzeugführer, von denen vier Dampflok fahren dürfen. Sehr viel Gelegenheit, eine Lok zu steuern, gibt es bei den DHEF jedoch nicht, da „Jan Harpstedt" zu Normalzeiten nur zweimal im Monat unterwegs ist. Mindestens 100 Fahrstunden pro Jahr müssen die Museumseisenbahner nachweisen, um ihre Lokführer-Lizenz nicht zu verlieren. Während der Pandemie gelte jedoch eine Sonderregelung, nach der diese Vorgabe ausgesetzt sei, erklärt Kothe. "Sonst würden ja auch nach Corona alle Museumsbahnen stillstehen, weil niemand auf seine Mindeststunden kommt", sagt er.
Doch wann wird man bei "Jan Harpstedt" endlich wieder einsteigen können? Die Winterfahrten, so auch die beliebten Kohlfahrten-Zubringer im Januar und Februar, hat der Verein ersatzlos gestrichen. "Normalerweise fängt die Saison im Mai an. Wir haben aber noch keinen Fahrplan erstellt", berichtet der Pressesprecher - wegen der unsicheren Corona-Lage seien alle Planungen „vergebliche Liebesmüh". Zudem habe das Fernbleiben vieler Fahrgäste im Sommer gezeigt, dass das Vergnügen auf der Zugfahrt für die Passagiere eben nicht so groß sei, wenn sie in den relativ engen Wagen mit Maske sitzen müssten.
Eines kann Kothe aber versichern: Nachdem Fahrpreise bereits Anfang 2020 erhöht wurden, ist nun kein weiterer Aufschlag geplant. "Wir wollen unsere Fahrgäste nicht mit hohen Preisen abschrecken", sagt er.